Wenn man so will wurde der Urtyp das Spieletests 1985 in der ersten Spiele-Sonderausgbe der Happy-Computer mit dem Titel „Spiele-Tests“ (später PowerPlay) etabliert. Zwar gab es auch zuvor mit Magazinen wie TeleMatch, der Einfluss der ersten Happy-Computer-Tests sind aber bis heute auf die Branche spürbar.
Nehmen wir als Beispiel den Test des Jump’n’Runs „Impossible Mission“ aus der Erstausgabe. Der Auftakt des Artikels beschäftigt sich zuallererst mit der Handlung des Spiels. Weiter wird dem Leser erklärt, was genau seine Aufgabe in „Impossible Mission“ ist. Die Spielmechanik, heute würde man Gameplay sagen, wird als Nächstes erläutert. So wird dem Leser der Aufbau der Levels erklärt, es werden auf Tücken im Spielprinzip hingewiesen und es werden die interessanten Aspekte des Spiels beschrieben. Zur technischen Seite des Spiels wird sich hingegen erst recht spät im Artikel geäußert. Zwei kleinere Absätze müssen reichen, ehe man zu einem Fazit kommt.
Die heute oligatorische Endwertung, entweder im Schulnotensystem oder per Prozentskala, fehlte in der ersten Sonderausgabe über Spiele noch, wurde aber schon in der zweiten Ausgabe eingeführt. Hier finden sich z.B. beim Test zum Rollenspiel „Wizardy“ auch Einzelnoten zu Grafik und Sound, sowie Meinungskästen von zwei Redakteuren. Diese sollen noch einmal die persönliche Meinung des Redakteurs wiederspiegeln. All diesen Elementen gemeinsam ist, dass sie auch noch heute in Spieletests zu finden sind.
Drehen wir jetzt einmal die Uhr ein wenig vor und nehmen uns den Test des EgoShooters „Turok“ aus der PC-Games-Ausgabe 07/2008 vor. Zwar ist der Aufbau mit dem des Happy-Computer-Tests von 1985 nicht direkt vergleichbar, trotzdem finden sich dieselben Elemente in beiden Artikeln wieder. Zuerst wird kurz angerissen, was den Spieler bei Turok genau erwartet, dabei wird auch noch ein wenig über die Historie der Turok-Serie geschrieben. Im nächsten Absatz beschäftigt man sich mit der Technik des Titels, ehe man auf die Spielmechanik mit ihren Vor- und Nachteilen eingeht. Dieses Part erstreckt sich über drei Absätze und endet mit einem Schlussfazit. Bei der PC-Games erklärt man den Spielspaß zudem anhand einer Motivationskurve. Einen Meiungskasten des Redakteurs gibt es zudem auch.
Vergleicht man beide Artikel vom Stil her, fällt auf, dass sich der PC-Games-Artikel reißerischer anhört. Das liegt zu großen Teilen aber eindeutig an der Qualität des Titels. „Impossible Mission“ ist mittlerweile ein Kult-Klassiker, „Turok“ dürfte von solchen Weihen noch nicht mal im entferntesten träumen. Ansonsten hat sich stilistisch nicht viel verändert. Der Titel wird in beiden Artikeln aus der Sicht eines neutralen Erzähler beschrieben. Pro- und Contra-Punkte werden bei beiden Artikel möglichst neutral wiedergegeben. Auch wird bei beiden Artikel das Spiel isoliert von anderen Medien betrachtet. Es werden auch keine Querverweise zur Popkultur oder auf kulturelle Einflüsse bei den beiden Spielen gegeben.
Allgemein lässt sich feststellen, dass sich der Spieletest in den letzten 13 Jahren kaum verändert hat. Anders als zum Beispiel bei der Kritik von Kinofilmen wird bei Videospielen nicht der Aufbau der Handlung analysiert. Er wird kein Bezug vom Videospiel zu realen kulturellen Gegebenheiten hergestellt. Die Farbgebung, das Spiel mit Licht und Schatten, vielleicht sogar die Fragwürdigkeit des Tötens. Darauf wird im Turok-Test genau so wenig eingegangen, wie im „Impossible-Mission“-Test auf das Science-Fiction-Thema und eventuelle Querverweise mit Kinoflimen oder Romanen.
Das mag 1985 als Videospiele noch etwas Neues und Aufregendes waren nicht weiter schlimm gewesen sein. Schließlich war man damals froh, wenn überhaupt jemand über Videospiele berichtete und man sich so ein Bild über die Güte eines Titels machen konnte. Im Jahr 2008 sind Videospiele aber längst im Mainstream angekommen und werden in spielefremden Publikationen wie dem Spiegel oder der Sueddeutschen Zeitung besprochen. Schade, dass der Spieletest sich diesen Gegebenheiten nicht angepasst hat und immer noch auf dem Stand von 1985 dahindümpelt.
not true. es geht vielmehr um den deutschen spieletest oder den standard-spieletest, der sich nicht verändert hat. aber es haben sich natürlich nischen entwickelt, insbesondere nach kieron gillens manifest.
Mein Fehler. Ich hätte eine genauere Definition von dem abgeben müssen, was ich hier in meinem Beitrag als Spieletest verstehe und kritisieren. Für mich geht es in erster Linie um den Spieletest, der auf den Mainstream-Seiten und -Publikationen angeboten wird. Und dieser hat sich meiner Ansicht nach kaum verändert. Schau dir mal die Testberichte auf Gameswelt.de, 4players.de, looki.de und in der PCGames, PCAction und Gamestar an. Da hat sich seit seeligen Happy-Computer-Tagen nichts merklich verändert. Vielleicht wird heute teilweise härter kritisiert und der Schreibstil hat sich leicht geändert. Das man Spiele aber immer noch isoliert betrachtet, geht einfach komplett am Zeitgeist vorbei.