Computec lebt den Euphemismus

Computec LogoWenn ich mir die aktuelle Pressemitteilung meines Lieblingsverlages so anschaue, frage ich mich langsam wirklich, ob man bei Computec die Ressourcen nicht falsch verteilt. Anstatt nämlich Unsummen in die Vertuschung des Niedergangs seiner eigenen Printobjekte zu investieren, sollte man eventuell lieber seine Printredaktionen mit mehr Redakteuren ausstaffieren. Aktuell teilen sich sechs Redakteure plus ein paar Praktikanten und Volontäre die Aufgabe, drei monatliche Konsolenmagazine zu gestalten, früher hätte man dafür weitaus mehr Personal beschäftigt.

Kommen wir aber zu dem, worüber sich Computec so diebisch freut. Insgesamt könne man, so „Commercial Director“ (früher: leitender Anzeigenverkäufer) Hans Ippisch „[m]it einer Steigerung der Auflage auf über 600.000 verkaufte Exemplare“ seine „Führungsposition im Bereich der Spiele-Magazine“ ausbauen und zeige „eindrucksvoll, dass Print nach wie vor lebt“. Hallo? Zu viel an Sylvester gesoffen und immer noch im Vollrausch? Ihr braucht 12 (!) Print-Titel um eine verkaufte Auflage von 600.000 Exemplaren auf die Beine zu stellen? Vor vier Jahren hättet ihr für eine ähnliche Auflage (hier: 612.888 verkaufte Hefte) ganze sechs Magazine benötigt (PC Games, PC Games Hardware, PC Action, N-Zone, Kids-Zone und PlayZone / Quelle: PZ-Online, IVW 04/2004) und nicht euer komplettes Portfolio samt schön gerechneter Verlagszahlen dafür bemühen müssen.

Nein, diese Pressemitteilung verdeutlicht nicht, „dass Print nach wie vor lebt“, sie zeigt eindeutig, dass in dieser Branche miese Zahlen lieber schön gerechnet und geredet werden, als dass man sich still und schweigend an eine Problemlösung macht. Anscheined können nämlich weder Cover-Vollversionen, Boulevard-ähnliche Schlagzeilen noch teure Werbekampagne folgende Zahlen verhindern:

PC Action: 56.035
(Vergleich zum Vorjahrsquartal: -21,9% / -15.724 Exemplare)

PC Games: 122.156
(Vergleich zum Vorjahrsquartal: -24,0% / -38.517 Exemplare)

PC Games Hardware: 69.340
(Vergleich zum Vorjahrsquartal: -16,4% / -13.611 Exemplare)

SFT: 180.366
(Vergleich zum Vorjahrsquartal: -7,7% / -15.036 Exemplare)

N-Zone: 17.487
(Vergleich zum Vorjahrsquartal: –25,2% /  -5.886 Exemplare)

Das, lieber Commercial Director, ist der aktuelle Print-Trend, von einer Steigerung der verkauften Auflage auf über 600.000 Spiele-Hefte kann da keine Rede mehr sein.

Games and More – Computec macht einen auf Casual-Gamer

WiiPlayer und die eingestampfte PlayVanilla haben schon ein wenig den Trend erahnen lassen. Computec, Verleger von sonst eher konservativen Spieletiteln wie Play3, PCGames und N-Zone, sucht dringend nach neuen Zielgruppen. Nachdem die IVW deutschen Videospielzeitschriften von Quartal zu Quartal eindrucksvoll beweist, wie belanglos und, für unsere BWL-Verleger viel wichtiger, wie erfolglos sie sind, sicherlich keine schlechte Idee.

Game and More heißt der neue Versuch Computecs. Mooment? Games and More? Das gabs doch schon einmal? Richtig. Irgendwann zu Boom-Zeiten veröffentlichte Computec unter dem Namen Games and More ein 14-tägiges Multiformat-Magazin. Der Erfolg blieb jedoch selbst nach mehreren Neupositionierungen am Markt aus, weswegen das Magazin sehr schnell wieder verschwandt. Nun ist man bei Computec aber auf die Idee gekommen, dass Casual-Gamer auch ein monatliches Prinmagazin brauchen. Also schnell die alte Marke wieder ausgegraben, bei der Games-Aktuell-Redaktion ankündigen, dass man zukünftig noch ein zweites Magazin zu machen hat und dann noch schnell ein Logo in Photoshop zusammen würfeln und fertig ist die Ankündigung zu Games and More, dem Casual-Gamer-Magazin.

300.000 Exemplare werden zu Beginn gedruckt, der Verkaufspreis liegt bei genau 1 Euro. Weniger als 100 Seiten werden dem Leser geboten, eine Cover-CD oder -DVD gibt es für den Preis auch nicht. Wer das jetzt als innovativ oder gar gewagt ansieht hat vergessen, dass die von Cypress gegründete Games Aktuell damals mit derselben Prämisse und dem gleichen Verkaufspreis an den Start ging. Ob Computec mit dieser Idee Erfolg haben wird werden wir spätestens ab Herbst begutachten können. Bei der Games Aktuell hatte es übrigens nicht funktioniert. Das Magazin ist heute ein normaler Multiformat-Titel mit Cover-DVD zum Preis von 3,50 Euro.