Indieliebe: The Real Texas

Kategorie: Kleinod, erst total übersehen, dank einem supertollen Gewinnspiel auf Superlevel dann doch gefunden, vielen Dank dafür an Dom Rep.

Ihr spielt einen Cowboy. Kindheitsträume und so werden zwar jetzt nicht wahr, schließlich hat unser guter Alter Ego mehr Stress mit seiner Farm und dem ganzen Verwaltungsaparat, als damit holde Jungfrauen zu beschützen und um zwölf Uhr mittags den stadtbekannten Bösewicht im Duell zu besiegen, aber: ein längt überfälliger Urlaub in England, wo Sam sich seinen Traum von Rittern und Burgen erfüllen wollte, verschlagen uns nach „Strange Texas“ – ein Fiebertraum des wilden, wilden Westens.

Strange Texas ist das, was Sam sich immer als waschechter Cowboy erhofft hat: Ein kleines Plätzchen voller Probleme, wo der 45er Colt noch eine Daseinsberechtigung hat, es eben diese holden Jungfrauen zu retten gilt und böse Banditen in den staubigen Boden der Steppe beißen sollen. Das klingt jetzt doch nach Kindheitstraum, oder? Nicht ganz, dafür ist das Immersions-Level der Grafik, sagen wir mal, etwas suboptimal. Klar, die pastellfarbene Klötzchenoptik mit der nonexistenten Bewegungsanimation unseres Helden ist süß und seit Minecraft voll en vogue und so, aber so ein richtiges Lonesome-Cowboy-Gefühl will nicht aufkommen.

Macht aber nichts: das Spiel dahinter ist voll knorke! Strange Texas ist vollgestopft mit Aufgaben, lustigen Begegnungen und irren Bewohnern. Es gilt Schleimmonster zu besiegen, einen durchgedrehten Magier aus seinem Schloss zu locken, verschlossene Gebiete erst zugänglich zu machen um sie dann zu erkunden, und noch vieles mehr. Langeweile? In Strange Texas doch nicht! An jeder Ecke gibt es neue Aufgaben, stehts eingebettet in wunderbar ironisch verkleidete Dialoge, Anspielungen auf Lord Britisch und den üblichen RPG-Wahnsinn inklusive.

Das Besondere dabei ist die Mischung an sich. Sams Parallelwelten-Abstecher spielt sich wie ein typisches 16bit-Action-Adventure (Zelda ick hör die Trapsen) mit der Freiheit eines Ultimas. Ja, das hab ich von der Homepage der Entwickler geklaut. Es ist aber wirklich die beste Beschreibung für das, was euch da erwartet. Ihr könnt jetzt diese Quest machen, oder einfach weiter gehen. Levelups, zig tausende Rüstungen und Waffen? Braucht man hier nicht. Ein Colt, eine kugelsichere Weste und eine Hand voll Dollar und ihr seid dabei! Sam steuert ihr dabei mit den WASD-Tasten eurer Tastatur, gezielt werden kann nur im Stehen per Maus, ebenso wie ihr nur per Maus Objekte untersuchen könnt. Das mag zwar manchmal etwas starr erscheinen, funktioniert aber erstaunlich gut. Nicht so wirklich prickelnd sind hingegen die Kamera und die Autosave-Funktion. Letztere kann euch gerne mal ein paar Stunden Spielfortschritt kosten, während euer Blickfeld mal von dem ein oder anderen Baum blockiert wird.

All das ist aber total egal, schließlich funktioniert bei The Real Texas das Spiel an sich wunderbar. Wer also schon immer die simple Genialität eines 16bit-Action-Adventures mit der spielerischen Freiheit eines Open-World-RPGs vereint haben wollte, der sollte bei diesem wunderbar abgedrehten Wüsten-Abenteuer auf jeden Fall zugreifen. Und mit aktuell 7,95 USD ist das Dingen auch noch abartig gut was Preis-/Leistung angeht!

Konsummuss: Hellsongs – Hymns In The Key Of 666

Cover von Hymns In The Key Of 666Eine Akustikgitarre ertönt, ein launiges Barpiano stimmt zu schmissigen Tönen an, der liebliche Gesang einer Sängerin ertönt, doch die ersten Worte wollen nicht so recht zur positiven Stimme passen: „Blackened is the End / Winter it will sent /Throwing all you see / Into obscurity“. Ja, ihr habt richtig gehört. Das ist die erste Strophe von Metallicas „Blackened“. Harte Thrash-Riffs, Double-Base, Hetfields raue Stimme? Nichts davon. Der Aha-Moment ist ganz auf Seiten der Hellsongs.

Das schwedische Trio lässt diese Wirkung aber nicht einfach so verpuffen. Jeder weitere Song ist mit einer solch herrlichen Ironie und Leichtigkeit komponiert, man wippt vergnügt mit dem Fuß, die Sonne beginnt plötzlich zu scheinen, selbst Slayers „Season in the Abyss“ wirkt wie ein leichter, undbeschwerlicher Sommer-Hit. Doch dann gibt es Nummern, da verpufft diese Leichtigkeit sofort. Melancholie macht sich breit. „Hymns In The Key of 666“ ist dabei weit mehr als ein stumpfes Cover-Album.

Metal-Fans mögen mit der Nase rümpfen. Aber die Hellsongs haben ein Talent, jeden Song so neu zuinterpretieren, dass ein Funken von seiner Ursprünglichkeit erhalten bleibt. So hat „Run to the Hills“ seinen bedrohlichen Anfang behalten, ist aber dann doch ein Klagelied gegen die Vertreibung der Indianer mit einem wunderschön anklagend intonierten Refrain geworden. Black Sabbaths „Paranoid“ bleibt ein tragisches Lied über jemanden, der psychisch krank ist. Der Refrain wurde auch hier sehr passend neu interpretiert. Aus „Thunderstruck“ wurde eine seichte, langsam Ballade mit einem euphorischen Unterton. Kickass-Rock im Popgewandt also. Schön groovig daher kommt „Symphonie of Destruction“, ein passender Opener für dieses Album. Leicht ironische Untertöne sind hier genau so zu hören, wie bei „The Trooper“ von Iron Maiden. Bedrohlich und heavy zugleich mit einer grandiosen Chello-Untermahlung im Refrain bekommt dieser Klassiker einen tief melancholischen Charackter.

Man belässt es also nicht bei einfachen Covern mit sanfter Melodie und einer niedlichen Stimme. Die Hellsongs geben jedem Song eine neue, meist passende, aber zumindest immer interessante Facette. Die Idee an sich mag seit Apocalypticas klassischen Metallica-Covern zwar nicht mehr brandneu sein, die Umsetzung ist es aber und lässt auf einen intelligenten, ironischen und witzigen Nachfolger hoffen.