Quake Live – Man sollte Id Software einen Schrein dafür bauen

Quake LiveEhrlich gesagt interessierten mich Browsergames bis jetzt nicht die Bohne. Zu stupide war und ist es mir einfach eine Raumstation, einen Völkerstamm, einen Formel-1-Rennstall oder whatever durch das Rumklicken in den immer gleichen Menüs zu managen. Welcher Entwickler auch immer der Meinung sein mag, ewiges Reloaden der Spielewebseite gepaart mit drögen Pulldown-Menüs mögen als Spielprinzip durchgehen, gehört meines Erachtens geteert und gefedert. „GalaxyWars“, „OGame“ und Co. my Ass also.

Gut, dass bei „Id Software“ Entwickler arbeiten, denen es primär um den Spaß am Spielen geht. Besonders gut, wenn diese dann auch noch göttliche Codeschupser sind. Schwupps, geboren ist „Quake 3 Arena – The Browser-Game“, besser bekannt als „Quake Live„“.  Es hat:

– die Maps aus „Quake 3“

– den Spielflow aus „Quake 3“

– die Grafikengine aus „Quake 3“

– eine ordentliche Online-Rangliste, nicht aus „Quake 3“

– ein ordentliches Ranking-System, nicht aus „Quake 3“

– eine solide Friends-Liste, nicht aus „Quake 3“

– einen Trainingsmodus, quasi der Solomodus auf Nightmare aus „Quake 3“

Quake Live ScreenshotKurz gesagt: es ist „Quake 3“ mit ordentlichen Online-Funktionen. Und das Beste:  ihr braucht weder eine CD im Laufwerk , noch müsst ihr Unmengen an Daten auf die Festplatte verfrachten. Einfach nur die 1,4 MB große Setup-Datei installieren, kurz den Browser neu starten und von dort bei „Quake Live“ anmelden, sich sein passendes Match raussuchen und in alter „Quake-3“-Manier online Gegner plätten.

Gut, einen, zwei Nachteile gibt es bis jetzt noch. „Quake Live“ befindet sich aktuell in der Betaphase, d.h. nicht jeder, der sich anmeldet, wird auch automatisch freigeschaltet und „Quake Live“ will nur den Firefox und Internet Explorer als Browser akzeptieren, Opera- und Co.-Nutzer müssen also entweder umsteigen oder draußen bleiben.

Und so schön „Quake Live“ auch klingen mag, ohne passable Railgun-Skills und ordentliche Reaktionen wird man auf den meisten Servern gnadenlos untergehen. Mein erstes Spiel verlief ungefähr so: Respawn, Raktenwerfer geholt, Gegner gesehen, bunter Laserstrahl in der Luft, tot, erneuter Respawn, dieses Mal eine Rüstung haben wollen, wieder einen Gegner gesehen, wieder böser Lichtstrahl, wieder tot, Respawn, Gegner, Lichtstrahl tot usw. usf. Meine Lichtstrahlphobie habe ich gerade überwunden und übe ein wenig. Wer trotzdem gegen mich antreten mag, mein Nickname im Spiel ist king_erni. Bis dahin huldigen wir gemeinsam dem einzig wahren Shooter-Gott, Id-Software.

Wie Electronic Arts anfängt mir Angst zu machen

EA LogoFrüher war die Welt irgendwie noch übersichtlicher: Eelectronic Arts war das personifizierte Böse der Videospieleindustrie, dass seine Sportserien erbarmungslos ausbluten ließ und sich auch sonst eher im Forsetzungswahn und in Evolutionsprozessen bekannter Genre-Konzepte übte. Man wurde dafür oft und häufig kritisiert und bekam von SpielerEins zum Beispiel den „Murmeltiertag-Award“ dafür „das ganze Jahr lang die Games vom Vorjahr (und dem Jahr davor… und dem davor…) einfach noch mal rauszubringen“.

EA war trotz dieser Politik oder vielleicht gerade deswegen vor allem eins: extrem, ja sogar intergalagtisch extrem erfolgreich. Und was passierte dann? John Riccitiello übernahm die Führung und stellt fest: „Wir langweilen die Leute zu Tode“. Man lädt die 2005 noch Innovationsarmut und Forsetzungswahn anprangernden Blogger von Polyneux zu einem Vorort-Besuch ein, schließt einen Publishing-Deal mit Tim Schaffer über sein abgefahrenes „Brütal Legend“ ab, veröffentlicht mit „Dead Space“ und „Mirrors Edge“ neue, interessante und teilweise sogar innovative Titel, bringt ein überarbeitetes „Fifa 2009“ für den PC und darf als Dank dafür aktuell 641 Millionen USD Verlust einfahren.

Normalerweise würde man jetzt von EA was erwarten? Genau! Sie machen es mit ihrer Neufokussierung so, wie sie es damals mit Bullfrog, Origin und Westwood gemacht haben. Sie picken sich die aussichtsreichen, sprich gewinnbringenden, Teile raus und lassen den Rest wieder fallen. Das ist zwar nicht unbedingt die feine englische Art, aber für EA-Verhältnisse klingt das durchaus logisch.

STOPP!

Wir reden hier vom neuen, karmagerecht und spielerfreundlich ausgerichtetem Electronic Arts. Denn, obwohl man 1.100 Mitarbeitern bye bye sagt, will man trotzdem weiter in neue, innovative Titel investieren. Nein, das ist kein Scherz, dass alles könnt ihr fein verlinkt bei Kotaku.com lesen. EAs Chef-Pressesprecher Jeff Brown gibt sogar solch altkluge Indieentwickler-Weißheiten wie, dass es einfacher wäre ein schlechtes Lizenz-Spiel zu verkaufen als einen neuen, innovativen Titel wie „Dead Space“ von sich.  Browne geht sogar noch so weit, dass er behauptet, man könne sich solche Risiken als großer Publisher durchaus leisten, schließlich habe man genug Top-Seller im Programm die eventuelle Flops auffangen könnten.

Es ist Sonntag-Morgen, ja ich gestehe, ich hatte gestern ein paar Bier zu viel, aber davon bin ich weit weniger benommen als von dem, was ich gerade auf Kotaku lesen durfte. Ich frage mich langsam ernsthaft, welche Aliens die Vorstandsetage von EA besetzt haben. Es mögen zwar nur Jeff Brownes Worte gewesehen sein, aber so viel Entwickler-freundlichem Senn-Gelaber müssen einfach Taten folgen. Das mir dieser Laden noch einmal sympatisch werden könnte, das ist es was mir gerade ein klein wenig die Angst ins Gesicht treibt. Ich hol mir jetzt auf jeden Fall erst einmal nen Kaffee, dieser Traum muss irgendwann einfach zu Ende sein. Bitte, ich brauche Feindbilder, ich betreibe hier schließlich ein Indie-Games-Untergrundmedien-Blog.