„Bow down, sell your soul to me“ – Es gibt sie wieder, Textzeilen, Riffs, Breaks, Strophen, die sich in deinen Schädel prügeln und da einfach nicht mehr raus wollen. Metallica, nach dem phänomenalen Erfolg ihrers „Black Album“ 1991 wohl auf die Idee gekommen, ab sofort die Lizenz für endlose Experimente zu haben, besinnen sich auf das zurück, was sie nun einmal am besten können: komplexen (Thrash)-Metal, mal grenzübergreifend, mal schnell und hart komponiert.
Um den Ewiggestrigen gleich eins klar zu machen: Death Magnetic ist kein zweites Master of Puppets, Ride the Lightning oder And Justice for all, es ist eher ein zweites Kill ‚em All. Es ist ein Album, dass obgleich seiner Schwächen, den Hunger auf mehr entfacht, wie anno 1983 Kill ‚em All, nur das Metallica damals den Heimvorteil der ungekannten Härte hatten. In diesem Punkt ist Metallica in Anbetracht manch einer Death-Metal-Kombi keine Ausnahme mehr. Metallica erfinden nichts neu, das müssen sie nach oben genannten Alben aber auch nicht mehr. Metallica, das ist längt eine Legende. Eine immer kritisch beäugte Legende. Load und Reload, sowie das missglückte St. Anger, die Napster-Kontroverse, der ewige Streit mit Dave Mustaine. Die Bandgeschichte Metallicas ist nicht frei von dunklen Flecken. Trotzdem: James Hetfield bleibt ein charismatischer Frontmann, die Glanztaten der Band sind nicht wegzudiskutieren, der Riffideenreichtum immer noch immens und – das wird oft vergessen – live ist die Band immer noch ein Erlebnis.
Death Magnetic passt sehr gut in dieses Bild. Es ist kein perfektest Album, aber es ist anders als die Ware, die man heute als modernen Metal verkauft bekommt. Es gibt komplexe Lieder wie The Judas Kiss, The Day That Never Comes, direkte und schelle Kracher wie All Nightmare Long oder My Apocalypse und leider auch Totalausfälle (Cyanide). Was die Gitarrenfraktion an Riff- und Melodie-Ideen aus dem Ärmel schüttelt ist enorm. Die Kombination von harten Thrash-Riffs mit eher groovigen Hard-Rock-Riffs sicherlich Geschmackssache, bei Broken, Beat & Scarred funktioniert sie perfekt. „Rise, Fall down, Rise again“ wird man sich bald kopfnickend mitsingen hören. The Day That Never Comes erinnert an solch brilliante Halbbaleden wie Fade To Black, One oder Sanatarium. Es wirkt trotzdem eigenständig, auch wenn Hetfields Gesangsversuche etwas nerven, sicherlich einer der besten Titel des Albums. Der Übergang zwischen dem melodiösen Intro und dem harten Mittel- und Endteil gehört mit zu dem komponistischen Highlights des Albums.
Mit Breaks wird nicht gespart, der Tempowechsel während der Strophe bei The Judas Kiss ist beeindruckend. Was manchmal bei all dem Riffgewitter fehlt sind die ruhigen Momente, in denen dem Hörer Zeit gegeben wird, das soeben Gehörte zu verarbeiten. The End of Line fängt mit dem schon aus 2006 bekannten Intro des „New Songs“ an, geht dann in ein grooviges Midtempo-Riff über, ehe dann nach einem Break das Tempo leicht anzieht und James Stimme zu hören ist. Ehe es zum Refrain kommt hat man schon zig andere Breaks und Tempiwechsel hinter sich. Hier fehlt ein wenig die Struktur, es braucht mehrer Durchläufe, ehe man den Song in seiner Gänze erfasst hat. Der ruhige Endteil sorgt dabei für eine angenehme Abwechslung. Denn merke: auf Death Magnetic wird viel gebolzt, The Day That Never Comes und The Unforgiven III sind die einzigen Ausnahmen.
Das erste Mal seit 1988 hat es übrigens wieder ein Instrumental auf ein Metallica-Album geschafft. Suicide & Redemption leidet dabei unter einem viel zu einfachem und beliebigen Intro und einem nicht gerade originellen Grundriff, ehe der Mittelpart mit seinem ruhigen melodiösen Momenten gefallen kann. Wenn Kirks Gitarre aufheult entsteht kurzzeitig Gänsehaut, ehe James Gitarre das Tempo wieder leicht anzieht und die Spannung forciert. Man sollte hier etwas Geduld an den Tag legen können, sonst verpasst man einen der besten Momente dieses Albums.
Größter Schwachpunkt des Albums bliebt aber Ulrichs Schlagzeugspiel. Zu eintönig, kaum Akzente setzend und frei von jedweder Innovation kämpft sich Lars hier durch die Songs. Die meisten Fills hat man schon auf anderen Metallica Alben gehört und nach Broken, Beat & Scarred hat man eigentlich alle seine Ideen für dieses Album schon gehört. Danach wiederholt sich der gute Herr gerne und oft. Prägnante Fills wie bei And Justice for All die Tom Toms im gleichnamigen Titeltrack sucht man hier vergebens. Ulrich versucht sich zwar gekonnt durch die Songs zu prügeln, gegen die Riffideen der Gitarrenfraktion sieht er aber alt aus. Sicherlich auch einer der Gründe, warum manchen Songs ein wenig die Struktur fehlt.
Death Magnetic ist als Wiederauferstehung der Metal-Legende Metallica zu verstehen. Lieder wie The Day That Never Comes, All Nightmare Long, The Judas Kiss, My Apocalypse, Broken, Beat & Scarred sowie That Was Just Your Life lassen auf weitere Großtaten hoffen. Unverbesserliche Nörgler werden zwar immer noch was zum Rummeckern finden, fest steht aber, dass Metallica sich nicht selbst kopieren wollten, sondern lieber etwas Eigenes geschafft haben, und das ist ihnen hiermit eindrucksvoll gelungen. Death Magnetic zeigt, dass man Metal auch heutzutage noch so spielen kann, dass er nicht nur als Nieschenmarkt funktioniert.