Kritik: Brant Bjork – Gods & Goddesses

Es muss so im Sommer 2004 gewesen sein als ich mich auf dem Weg zum Strand befand, draußen gefühlte 40 Grad im Schatten, die Fenster weit runter gekurbelt, der Motor leicht säuselnd und ein Haufen neuer CDs im Gepäck (ja, damals kaufte man noch Tonträger, zumindest ich). Mit dabei waren die üblichen Verdächtigen eines 2004er Sommers, bis plötzlich der „unbedingt anspielen“-Tipp eines Freunden seinen Weg in meinen CD-Player fand. Unauffälliges Cover, seichter Einstieg, zugegeben: ich war von Brant Bjorks „Local Angel“ anfangs eher wenig begeistert. Doch eine Rotation später verwandelte sich mein öder A3 in einen waschechten Ami-V8, die langweilige norddeutsche Landstraße wurde zu einer schier endlos langen Straße durch die Wüste Amerikas, die relaxten Gitarren, die betont entspannte Komposition, ich war gefangen. „Jetzt einen durchziehen, kurz zum Vögeln anhalten, und dann bitte diese Scheibe weiter hören“, zu weiteren Gedanken war mein Denkepizentrum nicht mehr fähig – möge die Fahrt ewig dauern.

Gut, das war 2004, seitdem hatte ich den ehemaligen Kyuss-Drummer leicht aus den Augen verloren, bis heute sein neuer Longplayer den Weg in meine Itunes-Sammlung finden sollte (ja, Zeiten ändern sich*). „Gods & Goddesses“ so der Titel des Albums ist nachwievor eine extrem entspannte Angelegenheit; zwar nehmen die Gitarren deutlich mehr Fahrt auf, dennoch wird immer dann das Tempo gedrosselt, die Melodie grooviger gestaltet, wenn sich ein Song sowohl beim Spielen als auch beim Anhören zu Arbeit  zu entwickeln droht. Kopfnicker-Riffs, Schulterzucker-Grooves, Brant Björk weiß wie man gepflegte Coolnes und Lay-Back-Amtosphäre verbreitet. Die Mischung aus gekonnter Lethargie und eingängiger, wenn auch nicht unbedingt taufrischer Sixties-Melodien sind Bjorks Spezialität, warum sollte es also davon ablassen? Okay, „Good Time Bonnie“ geht ordentlich nach vorne, trotzdem sorgt Bjorks Intonierung dafür, dass sich Hektik nur auf der instrumentalen Seite breit machen darf.

Anders als beim milden Frühlingsausflug „The Local Angel“ anno 2004 geht es auf „Gods & Goddesses“ jedoch grundsätzlich düsterer zur Sache. Tiefer gestimmte Gitarren, schwere von Zack Wylde und Co. geklaute Metal-Riffs zeichnen z.B. „The future Rock (We Got It)„. Trotz alledem bleibts ein typisches Brant-Björk-Album. Zwar werden Liebe, Frieden und coole Sommertage etwas düsterer und nachdenklicher verpackt, eine Wüstendurchquerung mit einem blubbernden Ami-V8 könnte man nachwievor aber nicht besser musikalisch untermalen. Und ganz ehrlich; dass ist es, was wir haben wollen, also kaufen, kaufen, kaufen.

Mehr zensierte Albencover

Angefixt durch den aktuellen Bericht „Bitte kein Sex in der Badewanne“ bei Spiegel Onlines Tocher „Eines Tages“ bin ich im Internet auf weitere zensierte Album-Cover gestoßen. Ironischerweise verpackt mit dem Slogan „Or As Sean Connery Might Say – Anal Bum Covers You Didn’t See“. Hier nun die kleine Auflistung samt der Gründe für das Verbot.

Dilated Peoples – Target Practice: Dem 11. September sei dank wurde diese Single samt Cover aufgrund ihres offensichtlichen Bezugs zum Attentat verboten. Dabei gehen der Titel „Target Practice“ sowie das Album-Cover eine sehr schöne metaphorische Symiose ein.

Roger Waters – The Pros and Cons of Hitchhiking: Diese freizügige Dame war zu viel für einige Feministinnen, da half es auch nichts, dass hinter dem Album Deep Purple, äh Pink Floyd, Bassist Roger Waters steckt.

Tad –  Jack Pepsi: Grunge plus verkapptes Pepis-Logo durften 1991 wohl nicht erscheinen. Tja, Kurt Cobain wurde zu spät zur Legende.

Jane’s Addiction –  Ritual de lo Habitual: Der Klassiker schlechthin. Warner Brothers gibt 1990 sein Go für das Cover, einige große Plattenläden hingegen fanden das Motiv zu kontrovers und schwupps musste ein neues Artwork her. Da sage noch mal jemand, Musik würde nur wegen des Kunstwillens gemacht.

Ice Cube –  Death Certificate: Ice Cube vs. Billboard Magazin und den Staat Oregon. Eine Leiche bedeckt mit der amerikanischen Flagge sorgten für genug Assoziationen und damit für ein Rückzieher des Labels.

Guns n‘ Roses –  Appetite for Destruction: Eines der bekannteren und gesuchteren Titelbildern, die nur kurz das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben. Ein Roboter, der eine Frau vergewaltigt, sorgte bei Geffen Records für ordentliche Kopfschmerzen. Das neue Albumcover kennt wahrscheinlich jeder Hardrock-Fan, dieses hier ist eine gesuchte Rarität.

Black Crowes –  Amorica: Heute würde man soetwas als sexy bezeichnen, damals war es wohl zu sexy.

The Five Keys –  On Stage!: Nein, es lag 1957 nicht an der Hautfarbe der Sänger, sondern daran, dass auf dem Cover eine Hand angeblich wie ein Penis ausschaut. Welche das wohl sein mag.

Magnetisch? Oh ja!

„Bow down, sell your soul to me“ – Es gibt sie wieder, Textzeilen, Riffs, Breaks, Strophen, die sich in deinen Schädel prügeln und da einfach nicht mehr raus wollen. Metallica, nach dem phänomenalen Erfolg ihrers „Black Album“ 1991 wohl auf die Idee gekommen, ab sofort die Lizenz für endlose Experimente zu haben, besinnen sich auf das zurück, was sie nun einmal am besten können: komplexen (Thrash)-Metal, mal grenzübergreifend, mal schnell und hart komponiert.

Um den Ewiggestrigen gleich eins klar zu machen: Death Magnetic ist kein zweites Master of Puppets, Ride the Lightning oder And Justice for all, es ist eher ein zweites Kill ‚em All. Es ist ein Album, dass obgleich seiner Schwächen, den Hunger auf mehr entfacht, wie anno 1983 Kill ‚em All, nur das Metallica damals den Heimvorteil der ungekannten Härte hatten. In diesem Punkt ist Metallica in Anbetracht manch einer Death-Metal-Kombi keine Ausnahme mehr. Metallica erfinden nichts neu, das müssen sie nach oben genannten Alben aber auch nicht mehr. Metallica, das ist längt eine Legende. Eine immer kritisch beäugte Legende. Load und Reload, sowie das missglückte St. Anger, die Napster-Kontroverse, der ewige Streit mit Dave Mustaine. Die Bandgeschichte Metallicas ist nicht frei von dunklen Flecken. Trotzdem: James Hetfield bleibt ein charismatischer Frontmann, die Glanztaten der Band sind nicht wegzudiskutieren, der Riffideenreichtum immer noch immens und – das wird oft vergessen – live ist die Band immer noch ein Erlebnis.

Death Magnetic passt sehr gut in dieses Bild. Es ist kein perfektest Album, aber es ist anders als die Ware, die man heute als modernen Metal verkauft bekommt. Es gibt komplexe Lieder wie The Judas Kiss, The Day That Never Comes, direkte und schelle Kracher wie All Nightmare Long oder My Apocalypse und leider auch Totalausfälle (Cyanide). Was die Gitarrenfraktion an Riff- und Melodie-Ideen aus dem Ärmel schüttelt ist enorm. Die Kombination von harten Thrash-Riffs mit eher groovigen Hard-Rock-Riffs sicherlich Geschmackssache, bei Broken, Beat & Scarred funktioniert sie perfekt. „Rise, Fall down, Rise again“ wird man sich bald kopfnickend mitsingen hören. The Day That Never Comes erinnert an solch brilliante Halbbaleden wie Fade To Black, One oder Sanatarium. Es wirkt trotzdem eigenständig, auch wenn Hetfields Gesangsversuche etwas nerven, sicherlich einer der besten Titel des Albums. Der Übergang zwischen dem melodiösen Intro und dem harten Mittel- und Endteil gehört mit zu dem komponistischen Highlights des Albums.

Mit Breaks wird nicht gespart, der Tempowechsel während der Strophe bei The Judas Kiss ist beeindruckend. Was manchmal bei all dem Riffgewitter fehlt sind die ruhigen Momente, in denen dem Hörer Zeit gegeben wird, das soeben Gehörte zu verarbeiten. The End of Line fängt mit dem schon aus 2006 bekannten Intro des „New Songs“ an, geht dann in ein grooviges Midtempo-Riff über, ehe dann nach einem Break das Tempo leicht anzieht und James Stimme zu hören ist.  Ehe es zum Refrain kommt hat man schon zig andere Breaks und Tempiwechsel hinter sich. Hier fehlt ein wenig die Struktur, es braucht mehrer Durchläufe, ehe man den Song in seiner Gänze erfasst hat. Der ruhige Endteil sorgt dabei für eine angenehme Abwechslung. Denn merke: auf Death Magnetic wird viel gebolzt, The Day That Never Comes und The Unforgiven III sind die einzigen Ausnahmen.

Das erste Mal seit 1988 hat es übrigens wieder ein Instrumental auf ein Metallica-Album geschafft. Suicide & Redemption leidet dabei unter einem viel zu einfachem und beliebigen Intro und einem nicht gerade originellen Grundriff, ehe der Mittelpart mit seinem ruhigen melodiösen Momenten gefallen kann. Wenn Kirks Gitarre aufheult entsteht kurzzeitig Gänsehaut, ehe James Gitarre das Tempo wieder leicht anzieht und die Spannung forciert. Man sollte hier etwas Geduld an den Tag legen können, sonst verpasst man einen der besten Momente dieses Albums.

Größter Schwachpunkt des Albums bliebt aber Ulrichs Schlagzeugspiel. Zu eintönig, kaum Akzente setzend und frei von jedweder Innovation kämpft sich Lars hier durch die Songs. Die meisten Fills hat man schon auf anderen Metallica Alben gehört und nach Broken, Beat & Scarred hat man eigentlich alle seine Ideen für dieses Album schon gehört. Danach wiederholt sich der gute Herr gerne und oft. Prägnante Fills wie bei And Justice for All die Tom Toms im gleichnamigen Titeltrack sucht man hier vergebens. Ulrich versucht sich zwar gekonnt durch die Songs zu prügeln, gegen die Riffideen der Gitarrenfraktion sieht er aber alt aus. Sicherlich auch einer der Gründe, warum manchen Songs ein wenig die Struktur fehlt.

Death Magnetic ist als Wiederauferstehung der Metal-Legende Metallica zu verstehen. Lieder wie The Day That Never Comes, All Nightmare Long, The Judas Kiss, My Apocalypse, Broken, Beat & Scarred sowie That Was Just Your Life lassen auf weitere Großtaten hoffen. Unverbesserliche Nörgler werden zwar immer noch was zum Rummeckern finden, fest steht aber, dass Metallica sich nicht selbst kopieren wollten, sondern lieber etwas Eigenes geschafft haben, und das ist ihnen hiermit eindrucksvoll gelungen. Death Magnetic zeigt, dass man Metal auch heutzutage noch so spielen kann, dass er nicht nur als Nieschenmarkt funktioniert.

Keine Dixie Chicks?

Spreeblick stellt gerade eine neue Girlgroup vor und bemängelt in der Einleitung, dass es zu wenige davon gibt. Dummerweise zählt man dabei viele bekannte Girlgroups auf, vergisst dabei aber glatt die erfolgreichste Frauenband aller Zeiten: die Dixie Chicks. Und das trotz sehr medienwirksamer Bush-Kritik und den insgesamt fünf Grammy-Auszeichnungen im letzten Jahr. Da mag wohl jemand keine Country-Musik.

Konsummus: The Subways – All or nothing

Kennt ihr dieses Gefühl in eurem Brauch, wenn ihr euch die Ohrstöpsel eures Ipods in die Ohren haut auf Play drückt und sofort anfangt wehmütig zu werden? Euer Verstand setzt sich rege in Bewegung und stellt sich vor, wie es jetzt wäre als Teil dieser Band – idealerweise natürlich Sänger und Gitarrist – auf der Bühne zu stehen und eben dieses Liedgut der Masse zu offerieren? Schwitzige Körper rocken vor eure Augen ab, während ihr ein Mörder-Riff nach dem anderen aus eurer alten Gibson zaubert, mal mehr mal weniger melodisch ins Mikro gröhlt und ihr das Gefühl bekommt, der Rock-Olymp ist nicht mehr weit entfernt? Nein? The Subways hören!

Kritiker sagen ja oft, es sei nicht sonderlich schwer, eingängige Riffs hintereinander zu hängen, einen netten Refrain zu zaubern und dabei noch einigermaßen cool rüber zu kommen. Achja? Mal ganz ehrlich: die Artic Monkeys haben auf ihrem zweiten Album bei diesem Versuch zwar nicht übel, aber immerhin ansatzweise verkackt. Und selbst Altmeister des furztrockenen Stoner-Rock wie Monster Magnet haben seit der 99er Über-Platte Powertrip so ihre Probleme mit Coolness und Abgedrühtheit – 4-Way Diablo schon einmal gehört?

The Subways zeigen ziemlich gekonnt, wie mans macht. Jeder Song schlägt ein wie eine Granate. Die Gitarre wirft eine geile Melodie nach der anderen raus, der Bass dröhnt herrlich, der Gesang treibt voran, der Drummer haut wie ein Wahnsinnger auf seine Kessel. Kurz: die Platte rockt, ohne dabei zu langweiligen. Ruhige mit schnelleren Passagen wechseln sich ebenso wie Akkustik-Parts mit E-Parts ab. Gesanglich wird desöfteren das komplette Spektrum des Sängers geboten. Einflüsse aus Metal, Alternative, Hardrock, Blues und Stoner-Rock sind dabei an allen Ecken und Kanten – und davon gibt es viele – zu spüren.

Bei den Songs selbst wird viel auf bewährtes Riff-Material zurück gegriffen, welches in den einzelnen Songs aber komplett neu arrangiert wird. Das macht schon beim nur mal kurz Reinhören enorme Freude. Wer die Platte längere Zeit in seinem CD-Spieler rotieren lässt, wird schon bald nichts anderes mehr hören wollen. Wer also dachte, nach Young for Eternity sei das Riff-Feuerwerk schon abgebrannt, wird hier eines Bessere belehrt. Richtig so!

Konsummuss: Hellsongs – Hymns In The Key Of 666

Cover von Hymns In The Key Of 666Eine Akustikgitarre ertönt, ein launiges Barpiano stimmt zu schmissigen Tönen an, der liebliche Gesang einer Sängerin ertönt, doch die ersten Worte wollen nicht so recht zur positiven Stimme passen: „Blackened is the End / Winter it will sent /Throwing all you see / Into obscurity“. Ja, ihr habt richtig gehört. Das ist die erste Strophe von Metallicas „Blackened“. Harte Thrash-Riffs, Double-Base, Hetfields raue Stimme? Nichts davon. Der Aha-Moment ist ganz auf Seiten der Hellsongs.

Das schwedische Trio lässt diese Wirkung aber nicht einfach so verpuffen. Jeder weitere Song ist mit einer solch herrlichen Ironie und Leichtigkeit komponiert, man wippt vergnügt mit dem Fuß, die Sonne beginnt plötzlich zu scheinen, selbst Slayers „Season in the Abyss“ wirkt wie ein leichter, undbeschwerlicher Sommer-Hit. Doch dann gibt es Nummern, da verpufft diese Leichtigkeit sofort. Melancholie macht sich breit. „Hymns In The Key of 666“ ist dabei weit mehr als ein stumpfes Cover-Album.

Metal-Fans mögen mit der Nase rümpfen. Aber die Hellsongs haben ein Talent, jeden Song so neu zuinterpretieren, dass ein Funken von seiner Ursprünglichkeit erhalten bleibt. So hat „Run to the Hills“ seinen bedrohlichen Anfang behalten, ist aber dann doch ein Klagelied gegen die Vertreibung der Indianer mit einem wunderschön anklagend intonierten Refrain geworden. Black Sabbaths „Paranoid“ bleibt ein tragisches Lied über jemanden, der psychisch krank ist. Der Refrain wurde auch hier sehr passend neu interpretiert. Aus „Thunderstruck“ wurde eine seichte, langsam Ballade mit einem euphorischen Unterton. Kickass-Rock im Popgewandt also. Schön groovig daher kommt „Symphonie of Destruction“, ein passender Opener für dieses Album. Leicht ironische Untertöne sind hier genau so zu hören, wie bei „The Trooper“ von Iron Maiden. Bedrohlich und heavy zugleich mit einer grandiosen Chello-Untermahlung im Refrain bekommt dieser Klassiker einen tief melancholischen Charackter.

Man belässt es also nicht bei einfachen Covern mit sanfter Melodie und einer niedlichen Stimme. Die Hellsongs geben jedem Song eine neue, meist passende, aber zumindest immer interessante Facette. Die Idee an sich mag seit Apocalypticas klassischen Metallica-Covern zwar nicht mehr brandneu sein, die Umsetzung ist es aber und lässt auf einen intelligenten, ironischen und witzigen Nachfolger hoffen.

Ich will endlich ein…

…neues Wolfmother-Album. Und zwar noch dieses Jahr. Jungs, also wirklich. Wie kann man nur 2005 ein geniales Album veröffentlichen und dann bis jetzt fast drei (!!!) verdammte Jahre mit Touren, Fernseh- und Festivalauftritte und dem erarbeiten eines coolen Images verplempern? Das nimmt ja fast schon Metallica-ähnliche Ausmaße an. Schließlich brauchen die Jungs mittlerweile auch so an die fünf Jahre um eine neues Album zu machen. Allerdings trennen die beiden Bands rund 20 Jahre kreative Schaffensphase voneinander. Also worauf wartet ihr dann noch? Laut Rolling-Stone-Magazin seid ihr ja dabei, ein neues Album zu schreiben. Macht mal ein bisschen hinne!

P.S.: Um die Wartezeit etwas zu überbrücken, einfach mal der weltweit ersten Wolfmother-Cover-Band lauschen!